Verhältnismäßige Fotografie
Ist es nicht interessant, dass der Begriff der „analogen“ Fotografie auf einem Irrtum beruht (mehr findet ihr hier auf de.wikipedia.org)? Auch für das, was es eigentlich bezeichnen soll, nämlich die filmbasierte Fotografie, ist es völlig sinnfrei. Als mir klar wurde, was der Begriff analoge Fotografie eigentlich für ein Quatsch ist, kam auch gleich die Stimme, die sagt: „Erst mal besser machen!“
Und das ist einfacher gesagt, als getan. Doch als ich mir das Wort „analog“ und seine Synonyme näher angeschaut habe, lachte mich ein Ausdruck an: „verhältnismäßig“. Das ist es, oder. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr fühle ich mich bestätig, dass es sich bei der analogen Fotografie, um eine verhältnismäßige Fotografie handelt. Nicht nur Mitteleinsatz, Zeit und das mögliche Endprodukt stehen in einem ausgewogeneren Verhältnis als bei der digitalen Fotografie, auch die Verhältnisse, die zwischen den Komponenten bei der Fotografie herrschen, wie zum Beispiel zwischen Belichtungszeit und Entwicklungszeit, erschließen sich oft erst so richtig, wenn man sich mit ihr – also der verhältnismäßigen (analogen) Fotografie beschäftig.
In dieser kleinen Serie möchte ich euch meinen Weg zur verhältnismäßigen Fotografie, vor allem aber meine Erfahrungen und Aha-Erlebnisse mit Ihr näher bringen.
Ja, es gibt viele Anleitungen, Tutorials, Fachbücher zu diesem Thema und ich werde auch immer auf das verweisen, was mir geholfen hat, aber wie oft bin ich vor einem Artikel gesessen und habe an mir gezweifelt, weil sich mir offenbar einfachste Sachverhalte nicht erschließen wollten. Ich bin jemand, ich muss die Dinge verstehen und nachvollziehen können; ein das ist halt so, hat mir noch nie genügt. Und vielleicht kann ich euch die ein oder andere Frustration ersparen.
ABER: Ich werde hier nur über die Technik und die Prozesse sprechen, mit denen ich selber arbeite und zu denen ich auch meinen Senf dazugeben kann. Ich weiß da draußen sind viele, die es anderes, vielleicht auch besser machen, aber auf all dies Rücksicht zu nehmen, empfinde ich als „unverhältnismäßig“.
Wie ich – wieder – zur analogen Fotografie kam
Wenn ich erzähle, dass ich wieder mit Film fotografiere, kommt schnell die Frage, was mich dazu getrieben hat. Diese Frage in einen einzigen Satz zu beantworten, fällt mir schwer. Denn es kommen mehrere Faktoren zusammen. Zu einen ist da für mich die Faszination der Technik. Tolle Features mit der die alten bzw. älteren Geräte oftmals überraschen. Mich fasziniert zum Beispiel immer wieder der Fokusfinder meiner Mamiya RZ 67 Pro II. Wie sich das Sichtfeld ändert, wenn ich das Filmmagazin vom hoch ins Querformat drehe. Vielleicht schaffe ich es ja mal euch in ein paar kleinen Videos meine technischen Highlights zu präsentieren.
Ein weiterer Punkt ist, dass ich durch den Einsatz der analogen bzw. vordigitalen Technik sehr viel gelernt habe und auch immer noch lerne. Sicher lässt sich davon auch einiges auf die heutige Fotografie und die Bildbearbeitung anwenden, aber das wäre ja eigentlich nicht nötig, da dies die heutigen Bildprogramme mit dem Betätigen von zwei Reglern können. Ich lerne aber gerne für mich, um mich im wahrsten Sinn weiter zu bilden. Und je tiefer ich in die filmische Fotografie einsteige, desto klarer ist mir, wie sich ein Weg des Handwerks Fotografie vom Lehrling zum Meister und vom Meister zum Künstler vor mir auftut.
Der dritte und vielleicht aktuell der entscheidende Faktor ist der, des bewussten Handelns. Wenn ich den Auslöser einer meiner digitalen Kameras drücke, rauschen oft in kurzer Zeit eine schier endlose Zahl immer gleicher Bilder auf meine Speicherkarte, auf der dann immer noch so viel Platz ist. Nach dem Import kommt dann die große Frage, welche der vielen Bilder ich ins digitale Nirvana schicke und welche ich behalten will, immer mit dem schlechten gewissen, dass es vielleicht die falschen waren. Bei der verhältnismäßien Fotografie bin ich gezwungen mich zu konzentrieren, zu beschränken und damit automatisch zu fokussieren, denn je nach Kamera, habe ich 36, 10 oder auch nur eine Aufnahme.